Dienstag, 23. September 2008
Leben und arbeiten in Peru
Sonntag, 14. September 2008
Der Schamane und die Pflanzen: Bericht ueber eine Zeremonientrias
Besonders interessant ist es, wenn der Einzelne Kontakt mit seinem Inneren Kind aufnimmt. Das lustige daran ist (besser das Leben lustig finden, als zusammenbrechen), dass jeder dabei erkennen darf, dass irgendwann ein Moment stattgefunden hat, wo man aufgehoert hat zu fuehlen.
Natuerlich ist fuer jeden diese Zeremonie anders, jeder hat eine andere Vergangenheit, jeder hat eine andere Programmierung in seinem Leben und wo auch immer, dennoch ist das Prinzip immer das gleiche.
Erstaunlich fuer diejenigen, welche sich nichts darunter vorstellen koennen, ist sicherlich die Tatsache, dass der Altersdurchschnitt bei um die 40 Jahre liegt. Und nicht 18 Jahre. Das mag daran liegen, dass man sich mit serioesen Schamanen zu Vorbesprechungen trifft und dieser ueber die Teilnahme entscheidet. Natuerlich kann man auch den LonelyPlanet Schamanen konsultieren,
Denn was bei uns verboten ist, laeuft in Suedamerika unter Medizin, Pflanzenmedizin. Und wer sich einer solchen Heilung unterzieht, merkt schnell, dass es sich (zumindest im Rahmen einer Zeremonie unter Anleitung, fuer die Einnahme alleine ist viel Erfahrung notwendig) tatsaechlich um Medikamente handelt. Ganzheitliche Reinigung. Sie greifen auch physisch, wirken aber vor allem im Psychischen und Seelischen. Alle Schleier legen sich, der laestige Verstand verabschiedet sich - und dann faengt die Arbeit an. Allen sei gesagt, dass eine Therapie beim Therapeuten in Deutschland angenehmer ist, da man sich und den Therapeuten lange hinters Licht fuehren kann, anstatt ans Licht. Warum? Weil man zusammen mit der Pflanzensubstanz die Dinge erkennt und sie beim Namen genannt bekommt (im Sinne von, dass Phasen der Zeremonie einem Kino gleichen, in welchem einem das eigene Leben vorgespielt wird - nicht umsonst werden manche Pflanzen als Helfer fuer das Sterben und erneute Wiedergeboren werden bezeichnet - Ayahuasca, die Rebe der Seele).

Mehrere Monate im Dschungel leben, Reis und Bananen als auschliessliche Nahrung fuer sich zu waehlen und jeden zweiten Tag eine Zeremonie durchzufuehren, mag sich easy anhoeren, doch hier ein Vergleich:
Wer selbst schon sich an sein Eingemachtes herangewagt hat, ist sicherlich erleichtert, dass so etwas nicht jeden Tag stattfindet. Es ist schoen, es ist gut solche Momente (Hose runterlassen vor sich selbst und vor seinem besten Freund oder Therapeuten) zu durchleben, aber nimm einfach solch ein Erlebnis hoch zehn, dann kannst Du ungefaehr nachvollziehen, was eine Zeremonie ermoeglicht. Und das machst Du erst einmal 14 Tage, dann 2 Monate und dann 5 Monate.
Jeden zweiten Tag solch eine Zeremonie.
Ich erkenne und kann dann das Erkannte in mein Leben, in meinen Alltag integrieren. Es lebt sich einfach ganz anders, wenn man sich selbst entdeckt hat. Und es lebt sich auch viel lockerer, wenn ich erkannt habe, dass man als Mensch Wert und Wuensche hat und sogar das Recht besitzt als "being" diesen zum Ausdruck verhelfen zu duerfen.
Bei den Zeremonien, wo wir Teilnehmende Beobachtung durchgefuehrt haben, ist das einzigste Geheimnis zu sich zu finden, sich kennenzulernen, hallo zu sagen zu seinem Selbst. Und Frieden zu schliessen. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist das letzte Geheimnis und das einzigste.
Interessant ist das Erlebniss, dass die Pflanzen beginnen mit einem zu kommunzieren. Sicherlich der aufgeklaerte Westeuropaer wird muede laecheln und beginnen von Synapsen, biochemischen Prozessen und Psychosen zu erzaehlen. Sicherlich, in seiner Welt wird es so aussehen. Doch spricht er von selbst Erlebtem? Sicherlich nicht, auf so etwas wird er sich nicht einlassen, zu gross ist die Gefahr, die aus dem sich einlassen resultiert.
Auf einen Unbeteiligten wird so eine Zeremonie vielleicht ein wenig entfremdend wirken. Denn die ganzen Gegenstaende sowie der gesamte Ablauf einer Zeremonie erhalten erst Bedeutung und Wirkkraft durch die aktive Teilnahme: Pflanzen, Steine, Gesang etc.
Vipassana in Cusco
Vipassana auf ein Drittes. Faengt man an, kann man kaum genug von den Kursen kriegen, auch wenn 10 Tage meditieren und schweigen harte Arbeit bleiben. Wie schoen, dass es Zentren und Kurse weltweit gibt. Nach Erfahrungen in drei Laendern kann ich sagen, dass die Kurse an sich immer gleich sind, Tagesablauf, Lehrvideos, Anleitungen. Lediglich die Raeumlichkeiten, das Essen natuerlich und teilweise die Organisation unterscheiden sich. Und natuerlich macht auch der jeweilige Lehrer einen Unterschied. Da ich beim zweiten Kurs nicht in der Verfassung war als Helfer mitzuwirken, obwohl ich es geplant hatte, habe ich bis hier in Cusco warten muessen, und bin gleich zum Kursmanager erkoren worden. Klingt toll, heisst aber nur, dass man fuer die Meditierenden des jeweiligen Geschlechts als Ansprechpartner, als Puffer zwischen Schueler und Lehrer, da ist. Eine wahre Gelegenheit zu ueben. Da war die Arbeit in der Kueche wesentlich easier. Vorher fuer mich unvorstellbar, was die Leute alles fuer Probleme, Noete und Sorgen haben koennen waehrend 10 Tagen! Unglaublich. Schon sehr befriedigend Problemloeser zu sein. Wenn man selbst als Meditierender mitmacht, glaubt man gar nicht, dass die anderen auch Schwierigkeiten haben… jetzt weiss ich es.
Es hat mir gleichermassen ermoeglicht ein bisschen hinter die Kulissen zu schauen. Organisation, Geld, Zentren. Alles sehr lose und wirklich abhaengig vom Einsatz der Meditierenden. Die Gruppe von Cusco ist sehr aktiv. Sie sind gerade dabei ein Stueck Land zu erwerben und so wird es in Peru in wenigen Jahren nicht nur das eine Zentrum geben, was gerade in Lima erbaut wird, sondern noch eines bei Cusco, in einem wunderschoenen kleinen Tal (siehe Fotos). Es waechst. Die Zentren spriessen aus dem Boden, aber es gibt immer noch viel weniger Angebot als Nachfrage.
Wir wurden fuer einen weiteren Kurs bei Rio de Janeiro genommen… aber wir sind immer noch in Cusco, nachdem wir es zum ersten Mal wirklich mit der Angst zu tun bekommen haben, als uns ein anderer Reisender einen Augenbericht seiner Tage in Rio erstattet hat – abgesehen von den 3000km Bus, die wir zuruecklegen haetten muessen, einmal ueber die Anden, quer durch den Dschungel usw.
Cusco - eine Touristenhochburg
Jeder, der laufen kann, bietet seine Dienstleistungen in der Strasse an. Irgendwann kann man die meist schoenen, aber immer gleichen, handgefertigten lokalen Produkte nicht mehr sehen. Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken,Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken, Muetzen, Schmuck, Alpaca-Pullis, Decken...
Die Quadratmeter, in denen sich die Touris aufhalten, sind sehr begrenzt. In Gegenden wie auf dem Foto sichtbar - ein sehr lebendiges und grosses und guenstiges Einkaufsviertel in Cusco - sieht man kaum einen Touristen. Steht ja nicht im Lonely Planet und die wohlhabenden, aelteren Herrschaften begnuegen sich mit den ueberteuerten Shoppingmoeglichkeiten um die Plaza.
Fast jeden Tag gibt es ein Festival, einen Umzug oder eine Prozession durch die Innenstadt mit Kostuemen und Waegen (wobei ich nicht weiss, ob das fuer die Touris ist oder kulturell bedingt ist - wahrscheinlich eine Mischung). Jedenfalls nervt es irgendwann - den Zwei-Tages-Touristen natuerlich nicht, weil er es sich nur einmal ansehen bzw. einmal sich durchdraengen muss.
Diese Menschentraube ist ein Gemisch aus Touristen, die gerade aus dem tollen (=teuren) Restaurant kommen, in dem es jeden Abend huepfende (tanzende) Peruaner in bunten Kostuemen zu sehen gibt, und den oben genannten Strassendienstleistern, die ueber die Touris herfallen.
Kulturschock Peru
Punkt 3: Koerpergerueche. Kein Kommentar.
Punkt 4: wandelnde Telefonzellen. Frauen mit neon farbendem Umhang, mit 1 bis 3 Handys, die rufen "llamadas, llamadas" (Anrufe).
Punkt 5: Pollo, Huehnchen. Meist gegrillt. Wenigstens gibt es in den Tourihochburgen auch einige wenige rein vegetarische Restaurants und eine Kueche zur Selbstversorgung in unserem Hostal. Das ist das erste Land, das ich kenne, das die Unterscheidung "Fisch, Fleisch und Huehnchen" hat. Und wenn man einen vegetarischen Speisewunsch hat, wird einem immer noch das Huehnchen untergejubelt. Deshalb immer "no pescado, no carne, no pollo", meist muss man es aufgrund des ABSOLUTEN Unverstaendnisses, was ueberhaupt vegetarisch heisst, noch zwei Mal wiederholen. Das von aussen unscheinbar wirkende Croissant stellt sich beim Reinbeissen ebenso unvegetarisch dar, wie - jetzt bitte festhalten - frisch gebackene Waffeln...
Moerdertour ueber die Anden in den Dschungel - Puerto Maldonado, Rio Madre de Dios
Doch wie in den Dschungel kommen und vor allem wie finden wir einen guten Fuehrer, fernab vom Gringostrom? Denn die normalen Touristen buchen die Touren von ausserhalb, werden abgeholt, in die Lodge gebracht und brauchen keine Minute in Puerto Maldonado verbringen.
Irgendwie finden wir dann doch einen. Ein ominoeser Tipp im Lonely Planet fuehrt zu einem Haus ohne Klingel. Es sieht aus wie ein geschlossenes Geschaeft. Mit Rumfragen und Laerm machen schaffen wir es, dass uns jemand die Tuer aufmacht. Ein Mann, der uns eine Lodge - billig - vermitteln kann. Und sein Cousin ist auch noch zufaellig ein Dschungel-Guide. So sitzen wir im kleinen Hinterhof in der Hitze, der Guide kommt und sieht irgendwie unserioes aus.
Das, was er uns in den Tagen zeigt, ist fuer uns Stadtkinder phaenomenal:
Im Kanu ueber den See, Lago Sandoval, kleine Aligatoren fangen (Kaimane)
Wir merken, dass er seine Arbeit liebt und uns mehr bietet, als wir sonst bei anderen bekommen haetten.
Dazwischen fand die Horror-Rueckfahrt statt, noch horroriger als die Hinfahrt, weil wir fuer einige Stunden im kniehohen Schlamm steckenbleiben, als wir uns an diesem Laster, der ebenfalls steckengeblieben war, vorbeidruecken wollten.
Die Maenner sind von oben bis unten und fuer den Rest der Fahrt eingedreckt. Zwei Stunden spaeter die naechste Panne -
Immerhin kann man einen wunderschoenen Sternenhimmel bewundern auf dieser langen, strapazioesen Reise - und die Berge und die Wolken am fruehen Morgen nach der kalten Nacht.