Neuseeland, eine kleine Insel, der westlichen Welt zugehoerig. Mindestens so wie wir in Europa. Das dachten wir, bevor wir aus dem Flugzeug traten.
Wie Menschen hier leben, traeumen und die Traeume gelebt werden.
Eine dominierende Assoziation ist der Eindruck, dass hier die Zeit wie in Deutschland vor 30 - 40 Jahren ist. Die Tatsache, dass Neuseeland eine ehemalige Kolonie von Grossbritannien ist, eine Insel, einst vorrangig bevoelkert von Landwirten, hat dem Land einen Stempel verpasst, der bis heute noch zu sehen ist.
Es scheint die Deutschen sehr nach Neuseeland zu ziehen. Ueberall deutsche Auswanderer und auch deutsche Studenten. Dazu ein Schwank aus dem Reisealltag: einen Tag, nachdem wir in Dunedin angekommen waren, gingen wir in ein Internetcafe auf der Hauptgeschaeftsstrasse. Als wir die Stufen zurueck zur Strasse hinablaufen, trauen wir unseren Augen kaum, als wir einen unserer Heidelberger Geographie-Kommilitonen mit zwei Neuseelaendern sich unterhalten sehen. Keiner wusste, dass der andere hier unterwegs ist. Es stellte sich schnell heraus, dass noch ein anderer Heidelberger Geograph vor Ort ist, den wir dank neuseelaendischer Freundlichkeit in der Univerwaltung schnell ausfindig machen konnten (undenkbar in unserem Studentensekretariat in Heidelberg!). Und so verbrachten wir den Rest des Tages in trauter Heidelberger Geographen-Viersamkeit und tauschten uns aus ueber die Uni und die Welt.
Schuluniform, Maedchen
Aus Gespraechen und Beobachtungen zeigt sich bei den Maedchen in den Schuluniformen eine Form der patriarchialen Unterdrueckung. Nicht Elise, sondern mir fiel es auf. Es war ein Gefuehl, was mir von Maedchen bestaetigt wurde. Genauso wie in Indien, werden die Maedchen in Saecke gesteckt oder wie Maedels erzaehlt haben, in zu enge Uniformen, welche den Oberkoerper zusammendruecken. Scham und Asexualitaet sind vorherrschend. Augenfaellig ist auch die Dominanz der christlichen Religion. Freikirche neben Freikirche. Der Einzelne hat nur eine Moeglichkeit. Mitmachen oder Outlaw, das heisst Freikarte in die Hoelle.
Der Artikel ueber die Unterdrueckung der Frau in Indien wird durch diese Erfahrung in ein neues Licht gerueckt! Wir sind hier im Westen! Und Maenner und einige herzlose Frauen fuehren auf die gleiche subtil plumpe Art eine Sozialisierung des Weiblichen durch mit dem Resultat der Unterdrueckung des Koerpers, der Oeffnung des Herzens und der Entfaltung der weiblichen Sexualitaet. Denn unabhaengig von der Uniformitaet bei den Jungs und Maedels mittels Schuluniform, geniessen die maennlichen Schueler mehr Freiraum, was schon alleine im Schnitt der Uniform ersichtlich wird.
Das Verrueckte ist, dass den Maedchen per Gesetz verboten ist, Hosen anzuziehen! Alice Schwarzer wuerde schaeumend am Boden liegen, wenn sie so etwas hoeren wuerde! Das bedeutet in der Praxis, dass die Maedels im Winter sich so ziemlich alles abfrieren, was man sich abfrieren kann. Lange Hosen sind verboten! Und im Sommer tritt das Problem auf, dass das Wechseln der Schuluniform sich als schwierig erweist, da es Tradition ist nur eine zu besitzen. Das ganze Schulleben lang, ausser man waechst derart aus dem Kleidungsstueck heraus, dass man auch mit Hilfe nicht hineingezwaengt werden kann.
Wieso macht hier eine ganze Nation mit? Wir schreien und schimpfen ueber die arabischen Nationen und was machen wir hier? Da haben die Maedels im Iran mehr Freiheit unter ihrem Hidschab als die Neuseelaendsichen Maedels in ihrer Uniform! Denn wenn es um Mode geht, dann sind die arabischen Frauen den westlichen ebenbuertig. Nur ist das ganze durch den Schleier verdeckt.
Hippies und Meinungen (wird nicht neuseelandtypisch sein)
Schon mal ehemalige Hippies schockiert ueber Neohippie-Verhalten von anderen erlebt?
Wir schon.
In Dunedin hatten wir die Moeglichkeit die offensten Menschen in der ganzen Stadt kennenzulernen. Waren mal Hippies gewesen, so mit Kommune und Aussteiger und so. Heute mit Villa und Jeep. Wurden hofiert und eingeladen, alles sehr locker bis zu einem Zeitpunkt, als wir den Hippies zu hippig wurden. Dann fielen die Masken und uns offenbarte sich das wahre Verstaendnis, was unter Hippie von unseren Gastgebern verstanden wurde. Ohne jemals zu erfahren, was das eigentliche Problem bei diesen Menschen war, wurden wir aus dem Haus geworfen. Freundlich, wie sie waren, sorgten sie gleich noch dafuer, dass wir auch aus dem naechsten Haus geworfen wurden und vergassen auch nicht uns fuer das Wochenende zum Abendessen einzuladen. Es war ja nichts geschehen, nichts war ausgesprochen worden, somit war fuer unsere Althippies auch nichts existent.
Die jeweilige Hippie-Welt scheint eine geschlossene Wertegesellschaft zu sein, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort geltend. Die Offenheit hat eine Grenze und zwar da, wo sie droht die eigene Person mit dem dazugehoerigen Weltbild in Frage zu stellen. Nehme ich die Chance wahr und ruettele an meinen eigenen doch irgendwann festgefahrenen Konzepten oder bleibe ich haengen an der Idee des Hippietums, die nur noch in meiner Erinnerung existiert?
P.S.: Elise dachte frueher, dass KIWI von der Frucht und nicht von den hier typischen Voegeln herruehren. Man kann nicht alles wissen... ausserdem essen die hier so viele Kiwis!